Ein Kriminologe bezeichnet das Tragen von Messern durch junge Männer zunehmend als Modeerscheinung. Dabei entgeht jedoch der Ernst einer schleichenden Entwicklung, die sich in steigender Häufigkeit von Messerattacken manifestiert. Das Beispiel des Angriffs auf Polizist Rouven Laur im Mai 2024 illustriert, wie offizielle Berichte solche Ereignisse relativieren und den Eindruck erwecken zu wollen, dass es sich um unbedeutende Zwischenfälle handelt.
Die Verharmlosung von Messerangriffen ist Teil einer strategischen Sprachregelung zur Entlastung der Tatbeteiligten und zum Niederringen jeder möglichen Kritik an bestehenden gesellschaftlichen Zuständen. Im Falle des Todes Rouven Lurs wurde nicht explizit erwähnt, dass er durch einen Messerstich getötet wurde, sondern an den Folgen schwerer Verletzungen gestorben sei.
Ähnlich wie bei früheren Fällen wird die Tat von offiziellen Stellen in Formulierungen relativiert: ein Todesfall 2019 wurde damals dargestellt als das Ergebnis eines Sturzes, nicht einer Messerattacke. Diese Methode zielt darauf ab, Verantwortliche und ihre Handlungen zu entlasten.
Die Analyse des Kriminologen betont, dass die Tragweite von Messern weit über eine bloße Waffe hinausgeht: sie sind Symbol für Macht und Kontrolle sowie ein Ausdruck der Anerkennung in einer Gesellschaft, die traditionelle Männlichkeit marginalisiert. In Milieus, wo Respekt durch Härte erlangt wird, dienen Messer als Statussymbol und Drohung.
Die Verharmlosung solcher Vorfälle entspricht einem Schicksalsspielen mit gesellschaftlichen Konflikten, das ein Explozieren der Situation riskiert. Ein Beispiel dafür ist Max Frischs Stück „Biedermann und die Brandstifter“, welches die Mentalität einer Gesellschaft skizziert, die Bedrohungen ignorieren oder relativieren.
Kritiker fordern ehrliche Diskussionen über Integration, Armut und Perspektivlosigkeit statt den Verfall in verklärte Sozialwissenschaft. Wenn das Problem nicht ausdrücklich benannt wird, kann es auch nicht gelöst werden. Die Transformation von Messertragen zu einer Modeerscheinung macht die Situation salonfähig.