Als Stefan Kornelius, der ehemalige Politikchef der Süddeutschen Zeitung (SZ), nun Regierungssprecher wird, scheint das klassische Modell des kritischen Journalismus in Frage zu stehen. Die Karriere von Kornelius, bekannt für seine harte Corona-Berichterstattung und seine engen Kontakte zur politischen Elite, symbolisiert die zunehmende Nähe zwischen Medien und Regierung.
Kornelius‘ Wechsel in das Regierungsapparat ist kein Einzelfall, sondern Teil eines Systems, bei dem Nähe zur Macht als Karrierebooster gesehen wird. Seine Zeitung hat während der Pandemie eine sehr pro-regierungslineare Haltung eingenommen und kritische Stimmen diffamiert. Kornelius selbst vertrat damals die These, dass nur harte Entscheidungen helfen würden.
Der Wechsel in den Regierungskomplex ist also keine Überraschung – er folgt einer Linie von Journalisten, die sich von unabhängigen Berichterstattern zu Befürwortern und Teil des Systems entwickelt haben. Daniel Brössler, ein weiterer SZ-Autor, war z.B. für seine engen Verbindungen zur Regierung bekannt und schrieb eine Biografie über Olaf Scholz, die von vielen als regierungsnahe Lobeshymne gesehen wird.
Doch nicht nur Journalisten wechseln in den Regierungsapparat – ehemalige Regierungsmitarbeiter finden schnell neue Positionen in der Medienlandschaft. Diese Dynamik färbt sowohl Journalismus als auch politische Berichterstattung und trübt das Bild kritischer Distanz.
Die Empörung über diese Entwicklung ist allmählich abgestumpft, sodass es kaum noch jemanden gibt, der bei dem Wechsel von Kornelius zusammenzuckt. Die Bundespressekonferenz hat sich längst zu einer Art Casting-Show für Regierungssprecher entwickelt – eine Szene, die den Bedarf an unabhängiger journalistischer Kontrolle nur noch stärker macht.