Evangelische Kirche im Wandel: Ein Exponentieller Niedergang?

In den jüngsten Diskussionen am evangelischen Kirchentag wurden Themen wie Queer-Theologie, gender-sensitive Liturgie und die Verbindung zwischen Glauben und Klimawandel breit diskutiert. Diese Themen weisen auf eine zunehmende ideologische Ausrichtung der evangelischen Kirche hin, die sich jedoch nicht nur in den Debatten manifestiert, sondern auch in einer kontinuierlichen Abnahme der Mitgliederzahlen seit 2015. Bis 2024 sanken diese von 22,27 auf 17,98 Millionen.

Diese Entwicklung wurde durch eine Reihe von Podiumsdiskussionen und Workshops verdeutlicht, die sich mit biblischen Themen in der Kontextualisierung von Vielfalt befassten. Beispiele waren Diskussionen über „Schuld ist nur der Feminismus“ oder „Celebrating pride and diversity“. Zudem präsentierte Luisa Neubauer ihre Arbeit zur Bibelarbeit im Kontext queerer und feministischer Perspektiven.

Der Trend zur Abkehr von traditionellen religiösen Werten wurde durch die Analyse der Mitgliederzahlen noch stärker belegt. Berechnungen zeigen, dass die Zahl der Kirchenmitglieder bis 2041 auf zehn Millionen sinken könnte und schließlich spätestens 2062 auf null reduziert sein wird, wenn sich die aktuelle Tendenz fortsetzt.

Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch bei den katholischen Kirchen in Deutschland beobachten. Die Mitgliederzahlen der katholischen Kirche fallen ebenfalls kontinuierlich und könnten bis 2057 auf null sinken, wenn die jährlichen Verlustraten konstant bleiben.

Thomas Rießinger betont, dass diese Entwicklung das Ergebnis einer zunehmenden ideologischen Ausrichtung der beiden großen christlichen Konfessionen ist. Er beschreibt den aktuellen Zustand als einen „schauerlich kraftlosen Wühlen im Brei historischer Auflösung“ und stellt die Frage nach dem Zeitpunkt des endgültigen Verfalls.

Thomas Rießinger deutet diese Entwicklungen als ein Zeichen für eine weitreichende politische und gesellschaftliche Transformation, in der religiöse Institutionen zunehmend ihre traditionelle Rolle verlieren.